Gemeinsam für die Innenstadt

Stefan Müller-Schleipen, Geschäftsführer der Inititative Die Stadtretter GmbH

Seit wann gibt es die Stadtretter?

Die Initiative wurde am 2. Juni 2020 als Reaktion auf die Schließungen während der Pandemie gegründet. Die Stadtretter begreifen sich als Netzwerk, auf das interessierte Städte und Gemeinden zurückgreifen können. Der Druck der Veränderungen ist so hoch, dass die Städte und Gemeinden als Behörden nicht so schnell reagieren können (oder wollen). Oft wird intern erst einmal aufwändig analysiert, ein Konzept geschrieben, eine Förderung beantragt. Es gehen zwei oder mehr Jahre ins Land, bevor etwas entschieden wird. Liegt endlich die Entscheidung vor, erfolgt auf dem behördlichen Weg die Umsetzung. Nicht selten ist aber in dieser schnelllebigen Zeit die Lage schon wieder anders und das, was zu Beginn des Prozesses für gut befunden wurde, hat sich überlebt. 

Wo genau liegt Ihre Aufgabe?

Wir wollen den grassierenden Leerstand zu reduzieren, Städte in der Immobilienbewirtschaftung unterstützen und ihnen mögliches Entwicklungspotential aufzeigen. Unserem Netzwerk gehören mittlerweile mehr als 1.400 Kommunen, Unternehmen, Verbände und Institute an. Rund um das Thema Innenstadt teilen wir Wissen, erarbeiten Lösungen und stellen Expertise bereit. Wir alle glauben fest an die Zukunft unserer Innenstädte und Ortszentren und sind angetreten, diese mit neuen praktikablen Ideen und Kompetenzen zu stärken und gemeinsam erfolgreich in die Zukunft zu führen. Dabei ist die durch uns vernetzte Schwarmintelligenz die größte Superkraft zur Transformation unserer Städte.

Das Stadtretter-Netzwerk verfolgt einen kollaborativen Ansatz, um Innenstädte zukunftsfähig zu gestalten. Im Mittelpunkt steht die Überzeugung, dass die Herausforderungen, vor denen Städte heute stehen so komplex und dynamisch sind, dass sie nur gemeinsam bewältigt werden können. Der Veränderungsdruck ist enorm – sei es durch den Wandel im Einzelhandel, verändertes Mobilitätsverhalten oder neue Anforderungen an Aufenthaltsqualität. Um mit dieser Geschwindigkeit Schritt zu halten und lebenswerte Innenstädte zu erhalten, braucht es deshalb mehr als gute Ideen: Es braucht ein starkes Netzwerk, das Kooperation über Sektor- und Stadtgrenzen hinweg möglich macht.

Statt auf isolierte Einzelprojekte und Insellösungen zu setzen, fördert das Netzwerk einen offenen, praxisnahen Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Städten, Kommunen, Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Ziel ist es, voneinander zu lernen, bewährte Konzepte zu teilen und gut funktionierende Lösungen an die jeweils eigenen Gegebenheiten anzupassen. Durch diese enge Zusammenarbeit entsteht ein stetig wachsender Pool an innovativen Strategien und real erprobten Projekten – von digitalen Lösungen, über neue Nutzungskonzepte für Leerstände bis hin zu smarten Mobilitätslösungen.

Wie gehen Sie vor?

Die Stadtretter verstehen sich in erster Linie als Möglichmacher für den Wandel in den Innenstädten. Unser Ansatz zielt nicht darauf ab, einzelne Experten oder Lösungen „von außen“ einzubringen, sondern er beruht auf der Aktivierung, Vernetzung und Befähigung der Akteure vor Ort. Im Zentrum steht dabei die Idee, dass nachhaltige Stadtentwicklung nur dann gelingt, wenn alle relevanten Kräfte, Kommunen, Handel, Immobilienwirtschaft, Kultur, Zivilgesellschaft und Start-ups, gemeinsam an einem Strang ziehen. Die Stadtretter schaffen die Plattform und Infrastruktur, auf der genau diese Vernetzung gelingt. 

Warum müssen unsere Städte überhaupt gerettet werden?

Unsere Innenstädte verlieren zunehmend ihre Attraktivität  und damit ihre Funktion als soziale Treffpunkte. Der Einzelhandel steckt seit Jahren in der Krise, durch die sichtbar zunehmenden Leerstände und den Qualitätsverlust im Bestand wird das ganze Ausmaß deutlich. Social Media und Onlinehandel verändern unser Konsumverhalten. Viele Menschen kommen nicht mehr zum Einkaufen oder Bummeln in die Stadt. Die Folge sind sinkende Besucherzahlen, Geschäftsaufgaben und ein Teufelskreis aus fehlender Frequenz und wachsendem Leerstand.

Zudem fehlen oft Nachfolger im Handel, Know-how für neue Konzepte und der Mut zur Veränderung. Statt gemeinsam agieren viele Akteure isoliert. Die regulatorischen Hürden erschweren zusätzlich die Umnutzung leerer Ladenflächen.

Kurz: Unsere Innenstädte drohen zu veröden – wirtschaftlich und sozial. Deshalb braucht es jetzt gemeinsames Handeln und neue Kooperationen.

Hinweis: Auf der Website der Stadtretter (www.stadtretter.de) gibt es Best Practice-Beispiele, einen Podcast und weitere Informationen.

Erschienen im Insider Nr. 79. Hier ansehen und herunterladen.

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