Tobias Trapp, Fotograf mit langjähriger Erfahrung in der Werbefotografie, der Architektur und auch im Laden
Das Angebot an digitalen Kameras, die immer besser werden und eine Vielzahl von hilfreichen Features bieten, ist groß. Ist keines dieser technischen Hightech-Geräte zur Hand, wird eben schnell zum Smartphone gegriffen. Diese Bilder landen auf Unternehmenswebseiten, in Look-Books oder in den Social-Media-Kanälen. Wozu also noch einen Fotografen beschäftigen, wenn man das alles bestens selbst kann? Die Antwort ist einfach, wird aber nicht von allen gern gehört: Weil der Fotograf ein Profi ist, der eine Ausbildung oder ein Studium durchlaufen hat. Fundierte Kenntnisse der Fototechnik, des Bildaufbaus und vor allem des für die Fotografie so wichtigen Lichts, um nur einige Parameter zu nennen, kann er vorweisen.
Heute hat jeder, der ein Smartphone besitzt, die Kamera dabei. Was halten Sie davon?
Das ist sicher im privaten Bereich praktisch und kostengünstig. Die Fülle der Fotos aber, die heute entstehen und veröffentlicht werden, haben das Bild an sich zu einem wertlosen Produkt werden lassen. Bilder im dreistelligen Millionenbereich werden jeden Tag allein bei Facebook hochgeladen. Hinzu kommt: Ein Smartphone oder auch eine Amateur-Digitalkamera kann eine gute Profikamera keineswegs ersetzen. Dazu kommt noch professionelle Software zur Datenkonvertierung und Bildbearbeitung. Die braucht man, denn Aufnahmen im Bereich der Innenarchitektur, auch bei der Aufnahme von Läden, sind ohne weitreichende Bildbearbeitung der Rohdaten nicht denkbar.
Was meinen Sie damit?
Die Technik bietet viel Freiheit und eine große Farbenpracht. Insbesondere aber Lichtdynamik und Farbtemperaturen müssen in der Bearbeitung angepasst werden. Was sich der Fotograf beim Fotografieren gedacht hat, wird erst im Nachhinein durch die individuellen Anpassungen sichtbar.
Die Vorstellungen davon, wie ein Laden fotografiert werden soll, hat der Ladenbauer oder Händler vielleicht schon klar vor Augen bzw. vor seiner eigenen Amateur-Kameralinse. Wie gehen Sie damit um?
Es ist hilfreich, klare Vorgaben zu erhalten. Beispiel: Ich habe für Kunze Ladenbau das Haus Ramelow in Stendal fotografiert. Einen Schwerpunkt sollte ich hier auf die tatsächlich außergewöhnliche Architektur des Hauses legen. Auch wurden mir vom Auftraggeber verschiedene Perspektiven genannt, die ich aufnehmen sollte. Das alles sind wichtige Hinweise, denn jedes Objekt ist neu und derjenige, der den Store gebaut hat, kennt ihn am besten. Der Blick des Retailers auf seinen Laden kann ein differen-zierterer sein, aber der Kunde sieht vielleicht das Geschäft noch einmal ganz anders.
Was folgt daraus für Sie als Fotograf?
Die Vorbereitung nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Meine Aufgabe ist es, die möglicherweise verschiedenen Sichtweisen, die ich vorhin genannt habe, unter einen Hut zu bringen. Ich beginne im-mer mit dem Eingang, gehe dann in die verschiedenen Bereiche des Stores und bin zum Schluss bei den Details wie Lampen oder Material. Dabei möchte ich den eigenen Stil des Ladens herausarbeiten und für diejenigen, die hier einkaufen sollen, übersetzen. Dabei habe ich sicher meine eigene Handschrift wie andere Kollegen die ihre. Am Ende entscheide ich, wie ich fotografiere.
Wie würden Sie die Trapp-Handschrift beschreiben?
Mein Stil ist klar, aufgeräumt und authentisch. So, wie ich den Store gesehen habe, ist er auf dem Bild zu sehen. Meinen Stil könnte man als dokumentarisch bezeichnen. Ich bin ein Übersetzer, der seine, aber auch die Ideen anderer vom Raum in ein Bild übersetzt.
Wie gehen Sie mit den Nutzungsrechten um?
Ich habe hier eine klare Linie, gebe die Nutzungsrechte weiter, verkaufe sie aber nicht exklusiv. Ich mache immer ein faires Angebot, indem ich meinen Kunden erlaube, die Bilder an ihre Kunden kostenfrei weiterzugeben. So kann der Ladenbauer oder Planer dem Händler gute Fotos vom Geschäft zur Verfügung stellen. Alle Parteien haben davon einen Nutzen.
Klasse statt Masse möchte jeder bieten. Warum ist das heute umso wichtiger?
Mein Credo ist: lieber weniger Bilder, dafür eine hohe Qualität. Mein Rat lautet: Macht es ordentlich, lasst keine schlechte Qualität zu. Die Sehgewohnheiten haben sich durch die Masse an Bildern geändert. Top-Fotos stechen heraus. Jedes Unternehmen sollte einen Grundpool an sehr guten Aufnahmen haben, ob von Projekten als Referenz oder vom Firmensitz oder von Produkten etc. Diese gehören für einen professionellen Auftritt auf die Webseite. Gute Marken veröffentlichen keine Schnellschussfotos. Das hat etwas mit Wertigkeit zu tun. Jedes Unternehmen sollte beim Kunden die bestmögliche Visitenkarte abgeben, vor allem visuell.
Erschienen im dLv-Insider 66.
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