Wegweiser zur Digitalisierung des Stores

Lutz Schneppendahl, Mitglied im dLv-Fachgremium Digitalisierung am POS und Geschäftsführer von Harres Metall-design und Otto Kind mit der Marke Harreskind

Der Handel investiert viel in die Digitalisierung, auch in seinen Läden. Was ist dabei zu beachten und welches digitale Know-how ist gefordert, damit sich die Investition auch lohnt? Denn der Kunde braucht und nutzt nur das, was ihm einen wirklichen Vorteil bringt.

Wer sich intensiv mit der Digitalisierung des Handels beschäf- tigt, die einschlägigen Newsletter diverser Anbieter für Online- tools liest oder sich auf den zahlreichen Kongressen infor- miert, ist nicht selten verwirrt. Eine Produktneuheit nach der anderen kommt auf den Markt, Innovationstores werden er- öffnet (und auch wieder  geschlossen), die Zahl der Studien und Whitepapers zur Digitalisierung ist unüberschaubar. Supermärkte nur noch mit Self-Check- out-Kassen oder gar ganz ohne Kassen und Kassenpersonal: Alles wird erprobt. Die Branchenblätter überschlagen sich fast täglich mit angeblich durchdigitalisierten Stores und deren Stories, die aber immer die gleiche Botschaft verkünden: je digitaler, umso radikaler zukunftsorientiert. Wer hier nicht zügig mitspielt, wird abgehängt, wird zum Ladenhüter – bis zum Ladenschluss, wenn die Türen endgültig geschlossen bleiben. Dieses Szenario wird immer wieder her- aufbeschworen, um den Druck zu erhöhen: Digitize or die!

Digitale Praxis

Wer dem Druck nachgibt, stellt fest: Digitale Ansätze zu imple- mentieren ist nicht einfach. Sie erfordern spezielle Kenntnisse und den Aufbau und die Organisation komplexer Infrastrukturen sowie Know-how über neue Technologien, die sich mit rasanter Geschwin digkeit weiterentwickeln. Sie kosten nicht nur sorgfältige Konzeptionierung, Arbeitseinsatz und Zeit, sondern auch Geld. Auch der Ladenbau hat in diesen Bereichen ganz neue Aufgaben zu bewältigen. Die Ladenbau-Unternehmen müssen sich mit digitalen Ansätzen befassen und interdisziplinär aufstellen, Netzwerke mit den Anbietern solcher Lösungen aufbauen und diese entsprechend integrieren können.

In welche digitalen Elemente investiert werden soll, muss immer anhand einiger wichtiger Parameter entschieden werden: Welche strategischen Ziele verfolge ich? Möchte ich produktiver  werden? Welchen  Nutzen  hat  der  Kunde?  Will  ich  auf allen Kanälen verkaufen? Ist die Richtung klar, muss überlegt werden, welche technischen Anforderungen zur Umsetzung meiner Ziele erforderlich sind. Was auch immer ich im Laden einbaue, ob Tablets, Screens oder Self-Scanning-Kassen – ich brauche  jemanden,  der den Content  erstellt,  einspielt  oder vor Ort den Kunden berät, ihn unterstützt und bei seinen digitalen Schritten begleitet. Gerade die personelle Anforderung ist nicht zu unterschätzen, das zeigen viele Beispiele aus der Praxis. Der Kunde soll die Self-Scanning-Kasse nutzen, braucht aber Hilfe. Der digitale Screen zeigt gerade wieder ausdauernd ein schwarzes Bild und die Einkaufs-App die An- gebote der vorletzten Woche. Der Kunde ist genervt, wenn es zwar nicht an sichtbaren digitalen Must-haves im Laden fehlt, aber die professionelle Performance zu wünschen übrig lässt. Das  kennt  er  aus dem  Internet  anders.  Grundsätzlich  gilt: Alles, was der Kunde lieber auf seinem Mobile Device macht, bildet man dann besser nicht mit eigenen Tools im Store ab. Mobile first! Der Kunde nutzt immer zuerst sein Smartphone. Der qualifizierte Mitarbeiter sollte vor der Anschaffung digitaler Tools gehört werden. Denn er ist es, der den Nutzen verstanden haben und das Tool gemeinsam mit dem Kunden an- wenden muss.


Digitaler Leitfaden

Das  2017  im  dLv  gegründete  Fachgremium  Digitalisierung am POS hat sich zum Ziel gesetzt, insbesondere innovationsfreudigen Händlern Transparenz und Orientierung bei der Implementierung digitaler Tools in den Store zu geben. Ganz bewusst hat das Fachgremium bei seiner Arbeit stets den gezielten Mehrwert für den Endverbraucher im Auge. Technologien, die für den Shopper keinen wirklichen Zusatznutzen bieten, werden sich nach einhelliger Meinung nicht durchsetzen. Das ist zweifelsohne eine einfache Erkenntnis, die aber noch nicht jeden Entscheider im Retail erreicht hat. Mit der vom Fachgremium erstellten Checkliste soll ein Überblick darüber gegeben werden, welche Aspekte für das Digitalisierungskonzept des stationären Handels zu beachten sind.

Der Leitfaden macht klar, dass zuerst die strategische Zielrichtung definiert werden muss: Geht es bei der Implementierung digitaler Medien und Prozesse um eine Steigerung der Produktivität des Handelsunternehmens oder um Mehrwerte für den Kunden, zum Beispiel hinsichtlich Omnichannel-Einkauf? Ganz wichtig sind die technischen Anforderungen, die Voraussetzung sind für funktionierende digitale Elemente. Ebenso zeigt der Leitfaden die technischen und personellen Anforderungen auf, die für eine erfolgreiche Umsetzung bedacht und geplant werden müssen.

Der Leitfaden kann auf der Webseite des dLv bestellt werden. Mehr erfahren.

Erschienen im dLv-Trendreport 2020 - 2023. Hier bestellen.

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