Die acht wichtigsten Erfolgsfaktoren für stimmige Storekonzepte!

Daniel Schnödt, Trendexperte Retail, Autor, Veranstalter des Trendforums Retail.

Um heute erfolgreiche Stores zu kreieren, muss sich der Ladenbau neu definieren und umdenken. Im digitalen Zeitalter wird von Ladenbauern ein hohes Maß an Reaktions- und Inklusionsfähigkeit verlangt, um ständig sich verändernden Bedürfnissen, differenzierten und dynamischen Prozessen mit immer wieder neuen Playern gerecht zu werden. Unterschiedliche Blickwinkel – aus Sicht des Konsumenten, des Retailers und der beteiligten Akteure – zeigen die notwendigen Musts und Erfolgsfaktoren.

1. Betrachte die Dinge einmal anders – die Macht der Querdenker

„Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“ Aristoteles

Der Konsument ist ständig auf der Suche nach Abwechslung und individuellen, neuen Lösungen – „Variety seeking“ ist ein globaler Metatrend, der Querdenken voraussetzt, um erfolgreiche Storekonzepte entwickeln zu können.

Wenn alle gleich denken und auf die immer gleichen Lösungen kommen, fehlt es an wirklich kreativen und innovativen Ideen: „Daher müssen wir auch im Ladenbau abseits der gängigen Planungsmuster Veränderungen anstoßen, um neue Lösungen zu implementieren", sagt Daniel Schwanitz vom Ladenbauer Harreskind.

Gerade die Querdenker zeigen Perspektiven und Möglichkeiten auf, die all den Gleichdenkern nie in den Sinn kommen würden. Somit liefern sie wertvolle Alternativen und Möglichkeiten, mit denen wichtige Entwicklungen vorangetrieben werden.

2. Digitale Integration oder Inklusion – Stärken Sie  Ihre digitale Kompetenz und Verantwortung

„Große Entwicklungen  sind das Produkt eines Teams.“ Steve Jobs

Kooperationen und Partnerschaften werden im digitalen Zeitalter unerlässlich. Wer noch nicht begonnen hat, muss jetzt starten, um alle Akteure, insbesondere die neuen Player aus der digitalen Welt mit in den dynamischen und differenzierten Prozess einzubinden. Es ist unabdingbar, in Projekten die Partner nicht integrativ, sondern vielmehr inkludiert zu betrachten. Damit sind sie ein gleichberechtigter Teil des Ganzen und müssen sich nicht dem Team anpassen.

Erfolgreiche Konzepte zeigen deutlich, wie differenziert und umfangreich eine Inklusion ist. Letztlich liefert sie aber ein perfektes Ergebnis. Bettina Zimmermann, COO bei Ganter, hat damit Erfahrung: „Die größte Herausforderung liegt im Vorhandensein aller relevanten, voneinander abhängigen Infor- mationen, die mit einem hohen Maß an Erfahrung auf individuelle Konzepte jedes Mal neu abgestimmt werden müssen.“

 3. Multitasking im Zeitalter des Internets ist zwingend

„Lust ist eine Zugabe der Tugend.“ Seneca

Der Ladenbau muss heute in der Lage sein, zum einen wunderschöne, überraschende Brandstores zu kreieren, zum anderen aber auch ausrollfähige Konzepte abzuleiten. Der moderne Ladenbau muss daher in der Lage sein „auf zwei Hochzeiten gleichzeitig  zu tanzen“.  Es ist daher  sicherlich  eine richtige und wichtige Tugend, im Sinne des Auftraggebers kostengünstige und multiplizierbare Konzepte zu realisieren. Zukünftig wird es aber immer wichtiger, dass Händler und die Industrie ihre Marken emotional aufladen. Der Ladenbau benötigt also auch  kreative  Köpfe,  die  die  Lust verspüren, Stores  einmal auf andere Art und Weise zu planen. So kreiert z.B. Douglas zielgruppenorientierte, individuelle Brandstores in den Metropolen bei gleichzeitiger Multiplikation des klassischen Konzeptes. Auf den Punkt bringt dies Stefan Pagenkemper, CEO Perfect Media Solution: „Bei anspruchsvollen Shopkonzepten müssen wir Country & Western beherrschen – sie müssen einerseits individuelle Wünsche mit dem Anspruch auf Einzigartigkeit und gleichzeitig eine kostenorientierte Multiplikation ermöglichen.“

4. Marken emotional aufladen

„Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“ New York Times 1914

Basierend auf den Stärken und der Identität des Händlers müssen Markenbilder in Szene gesetzt werden.  Dabei  sind aber auch die Wünsche und Imagevorstellungen des Kunden nicht zu vernachlässigen. Beides zusammen ergibt ein Gesamtbild, das geprägt ist von harten und soften Skills (Markensteuerrad: Markentonalität, Markenattribute und Markennutzen). Einfach übersetzt, beziehen sich diese Eigenschaften auf die Leistungsfaktoren des Unternehmens (harte Skills: Sortiment und Raum; Soft Skills: Kunde und Mitarbeiter). Die Aufgabe des Ladenbauers liegt nun darin, diese Eigenschaften in Form, Farbe, Haptik, Akustik und Geruch zu übersetzen. Es müssen alle Sinneskanäle aktiviert werden, um diese Story authentisch zu erzählen. Gelungen ist dies beim Store des Ein- zelhändlers Ley in Frechen bei Köln. „Ley’s Loft lag ein klares Vorstellungsbild und ein definiertes Markenbild zu Grunde, das wir konsequent und kreativ mit dem Storedesign umsetzen konnten“, berichtet Carsten Schemberg, Geschäftsführer Th. Schemberg Einrichtungen.

5. Die Kunst der Dramaturgie

„Je besser die Qualität  bei der Besetzung der Nebenrolle, umso besser ist die Inszenierung.“ Bertold Brecht

Ein fataler Fehler, der immer wieder zu sehen ist, ist der rudimentäre Einsatz der zur Verfügung stehenden Stimulanzien. Dazu zählen natürlich Licht, Farbe und Form. Aber auch taktile, olfaktorische, akustische oder thermale Kanäle können sinnvoll aufeinander abgestimmt werden. Die multisensuale Ansprache ermöglicht es, nonverbal die Stärken des Unternehmens, seine Intentionen und Ziele zu transportieren. Erst durch den kombinierten Einsatz können emotionale und physische Reize erzeugt werden: „Um eine entsprechende Atmosphäre zu gestalten, gilt es, die wechselnde Wirkung zwischen Raum, Zeit und den Stimuli zu beachten und in Szenographien zu denken“, erläutert Christof Volmer, Geschäftsleitung Marketing Bäro.

6.Überrasche und begeistere den Konsumenten

„Überraschung und Verwunderung sind der Anfang des Begreifens  und der Luxus des geistigen Menschen.“  José Ortega y Gasset, Philosoph

Das ist die hohe Kunst erfolgreicher Formate – sie beherrschen es, den Kunden dauerhaft, relevant und erkennbar zu begeistern. Diese Begeisterungsfaktoren führen zum Nachdenken über das Erlebte („Warum hat er das gemacht?“) und damit zur langfristigen Speicherung der emotionalen und physi- schen Reize. Oftmals neigen die Leuchttürme unserer Handelslandschaft dazu, gezielt mit bombastischen Erlebnissen aufzuwarten: „Wir bieten nicht mehr nur Einkaufsmöglichkeiten an, sondern sehen uns auch als Teil der Freizeitindustrie und Treffpunkt für die Region“, sagt Mark Rauschen, CEO L&T. Die Kunst liegt nun in einer sinnvollen Interpretation gerade für die kleineren Formate.

7. Zurück zu den Ursprüngen – die Evolution des alten Marktplatzes

„Du vergisst,  was du gesagt hast, du vergisst,  was du getan hast, du wirst aber niemals vergessen,  wie du gefühlt hast.“ Guy de Maupassant, französischer Schriftsteller

Marktplätze sind entstanden, um das richtige Angebot zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu präsentieren. Damit waren sie ein Treffpunkt und das Zentrum städtischen Lebens mit Gauklern und Attraktionen. Heute sind sie neben dem Zuhause (erster Ort) und dem Arbeitsplatz (zweiter Ort) der dritte Ort, an dem soziales Leben stattfindet und Gefühle erzeugt werden.

Diese alte Tugend muss wieder Eingang in die Storekonzepte finden. Kundenflächen und zusätzliche Attraktionen sind daher gleichberechtigt neben dem richtig kuratierten Angebot.

„Der Einzelhandel muss sich auf seine ursprünglichen Vorteile zurückbesinnen, das direkte, emotionale Kundenerlebnis und den persönlichen, möglichst umfassenden Service“, so André Brinkmöller, CEO Videro.

8. Cultur and Community build Concepts

„Am Ende existiert  der Mensch nur aufgrund seiner Bedürfnisse.“ C.F. Hebbel, Schriftsteller

Nichts ist wichtiger als Kenntnisse über die relevante Zielgruppe und ihre latenten Bedürfnisse. Zielgruppenanalysen und Zielgruppenschärfungen sind eklatant wichtig für den Erfolg des Handels und einen authentischen und glaubwürdigen Markenauftritt.

Das zeigt „Mein Horst“ in Hamburg  auf 800 Quadratmetern mit  einem  Baumarktsortiment  für  den urbanen  Mieter.  So kann Fläche reduziert werden, und der Kunde findet auch nur die Dinge, die er wirklich braucht. Alleine dieses Beispiel zeigt auf, wie wichtig das Wissen um die Zielgruppen und ihre Bedürfnisse ist.

Neueste Strategien zielen inzwischen auf Driving Markets, um proaktiv Bedürfnisse bei der relevanten Zielgruppe zu erzeugen und nicht reaktiv nur zu befriedigen. Und das bedeutet: Innovationen abbilden – nicht nur bei den Sortimenten, sondern auch im Ladenbau und Storedesign. Damit schließt sich der Kreis: „Betrachte die Dinge einmal anders."

Erschienen im dLv-Trendreport 2020 - 2023. Hier bestellen.

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